Wissenswertes über Franzensdorf
Kimmerleinsdorf
Der Eisstoß
Hausnummernvergleich alt/neu
Kimmerleinsdorf …
(so wurde Franzensdorf bis 1836 genannt)
… wurde um 1308 erstmals erwähnt.
Einwohner:
Die Ortsbewohner waren zum größten Teil Bauern – um 1830: ein Doppellehner, 32 Ganzlehner, 2 Halblehner, 3 Viertellehner und 8 Kleinhäusler. In den Taufbüchern werden die Bauern bis um das Jahr 1800 als „Nachbar“ bezeichnet, danach entsprechend ihrer Betriebsgröße als Ganz-, Halb- bzw. Viertellehner (in anderen Orten gab es noch speziellere Unterscheidungen z.B.: 3/4-Lehner oder 5/4-Lehner) und ab Ende des 19. Jahrhunderts als „Wirtschaftsbesitzer“. Inklusive dieser Personen und deren Personal (Mägde und Knechte) waren mehr als 80 % der Dorfbevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt.
Neben hauptberuflichen Handwerkern verdienten sich auch Viertellehner und Kleinhäusler oft als geschickte Handwerker (Schmied, Wagner, Tischler, Brunnenmacher, Bäcker, Schuhmacher, Weber, Schneider, Sattler, Frisör, usw.). Es gab auch einen Nachtwächter, eine Hebamme, Viehhirten, Strohschneider, einen „Hoida“ (er wurde für die Betreuung des Gemeindestiers und des Ebers für die Tierzucht bezahlt) und natürlich einen Totengräber. Etwas außerhalb von Andlersdorf (Richtung Franzensdorf/Kimmerleinsdorf) gab es einen „Wasenmeister“ (Abdecker) – Der abgelegene Standort wurde wegen der unangenehmen Gerüche gewählt. Auch Geschäfte wie Greißler und Krämer (und später auch eine Trafik) waren vorhanden.
Den Vorsitz in der Gemeinde hatte der Dorf- oder Ortsrichter (meist ein Ganzlehner). Außerdem gab es im Ort einen Pfarrer (seit 1784), einen Ober- und einen Unterlehrer (Die Schule wurde gleichzeitig mit der Pfarre gegründet) und einen Gastwirt.
Somit war das Dorf größtenteils wirtschaftlich unabhängig. Sonstige Dienstleistungen wurden von fahrenden Händlern abgedeckt (Messerschleifer, Küchengeschirr, usw.). Ein Verlassen des Dorfes war allenfalls für Verwandtenbesuche zum Kirtag und natürlich für eine ärztliche Versorgung notwendig, die jedoch mit der heutigen nicht vergleichbar war und wegen der nicht vorhandenen Krankenversicherung meist unerschwinglich.
Dorf ohne Herrschaftsbetrieb:
Im Gegensatz zu den Nachbarorten Andlersdorf und Rutzendorf, die seit 1784 zur Pfarre Kimmerleinsdorf gehörten, gab es in Kimmerleinsdorf keine „Herrschaft” (landwirtschaftlicher Betrieb von Adeligen). Kimmerleinsdorf gehörte jedoch zur K.u.K. Familienherrschaft Orth/Donau (erworben von Kaiser Franz I. am 27. Juli 1824), was die Unterstützung des Kaiserhauses beim Wiederaufbau des Dorfes nach der Zerstörung durch das Winterhochwasser (Eisstoßkatastrophe) 1830 in ein spezielles Licht rückt. Jedenfalls gab es seit 1782 keine Leibeigenschaft1), jedoch weiterhin bis 1848 eine „Erbuntertänigkeit zum Grundherren“ (das bedeutet, die Bauern mussten für den Grundherren noch eine Arbeitspflicht leisten, sie waren jedoch nicht mehr privatrechtliches Eigentum des Grundherren nach Art der Sklaverei).
1) Bis 1782 durften Bauern die Grundherrschaft nicht verlassen und mussten Frondienst und Robotleistungen erbringen.
Pfarre:
Kimmerleinsdorf war lange Jahre eine Filiale der Pfarre Probstdorf. Im Jänner 1784 bekam Kimmerleinsdorf einen eigenen Pfarrer (Auf Initiative von Kaiser Josef II wurden die Pfarrsprengel in Österreich verkleinert) und wurde zu einer eigenständigen Pfarre mit den zwei Filialen Rutzendorf (bisher auch zu Probstdorf gehörend) und Andlersdorf (bisher bei der Pfarre Orth an der Donau).
Vermerk im Kimmerleinsdorfer Taufbuch (Quelle: Pfarre Franzensdorf)
Pfarrer
von Kimmerleinsdorf und Franzensdorf:
Name | von | bis | Jahre |
---|---|---|---|
Johann Bapt. Balon | 15. Jänner 1784 | 29. Dezember 1799 | 16 |
Johann Holzinger | März 1800 | 11. Oktober 1800 | 0,5 |
Johann Modling | 20. Dezember 1800 | 8. Dezember 1809 | 9 |
Franz MaximilianThym | Juli 1810 | 2. Februar 1813 | 2,5 |
Johann Patriz Müller | 16. März 1813 | 9. April 1845 | 32 |
Georg Leidenfrost | 1. Juli 1845 | 14. August 1858 | 13 |
Franz Hofmann | 18. Dezember 1858 | 27. September 1880 | 22 |
Franz Hofmann | 19. Dezember 1880 | 24. Mai 1889 | 9 |
Engelbert Holly | 4. November 1889 | 17. November 1893 | 4 |
Johann Rauchberger | 13. März 1894 | 30. November 1915 | 21 |
Leopold Haberler | 1. April 1916 | 30. Juni 1921 | 5 |
Michael Hirsch | 1. August 1922 | 31. August 1935 | 13 |
Josef Hauer | 31. Juli 1935 | 4. Oktober 1947 | 12 |
Alois Ruzicska | 30. Dezember 1947 | 30. September 1954 | 6 |
Josef Fassbender | 15. Mai 1955 | 30. April 1969 | 14 |
Karl Neuber | Mai 1969 | März 1972 | 3 |
Paul Nieuzyla | September 1972 | 1983 | 11 |
betreut von der Pfarre Groß-Enzersdorf | ab 1983 |
Dorfrichter (auch Ortsrichter), Bürgermeister und Ortsvorsteher
von Kimmerleinsdorf und Franzensdorf:
Name | Amt | von | bis |
---|---|---|---|
Leopold Unger | Dorfrichter | 1787 | 1801 |
Johannes Raidl | Dorfrichter | 1801 | 1810 |
Martin Bauer | Dorfrichter | 1810 | 1814 |
Johann Radl | Dorfrichter | 1815 | 1825 |
Mathias List | Dorfrichter | 1825 | 1826 |
Michael Unger | Dorfrichter | 1826 | 1839 |
Leopold Raidl | Dorfrichter | 1839 | 1842 |
Leopold Radl | Dorfrichter | 1842 | 1848 |
Georg Reiter | Dorfrichter 1) | 1848 | 1856 |
Martin Zehentbauer | Dorfrichter 1) | 1856 | 1866 |
Georg Stoidl | Bürgermeister | 1866 | 1875 |
Lorenz Neumaier | Bürgermeister | 1875 | 1888 |
Georg Riemer | Bürgermeister | 1888 | 1900 |
Georg Iser | Bürgermeister | 1900 | 1905 |
Leopold Radl | Bürgermeister | 1905 | 1925 |
Anton Raidl | Bürgermeister | 1925 | 1927 |
Martin Nagl | Bürgermeister | 1928 | 1938 |
Franz Bernreiter | Ortsvorsteher 2) | 1939 | 1944 |
Mathias Klenkart | Ortsvorsteher 2) | 1944 | 1945 |
Josef Kriegl | Ortsvorsteher 2) | 1945 | 1954 |
Josef Nagl | Bürgermeister | 1954 | 1971 |
Eingemeindung zu Groß-Enzersdorf | ab 1972 |
2) Groß-Wien
Häuser und Familien
in Kimmerleinsdorf vor der Zerstörung im Jahr 1830 (lt. Michael Unger, Ortsrichter in Kimmerleinsdorf um 1830):
HNr | Hausbesitzer/-bewohner (Link zu neuen Haus-Nr) | Beruf |
---|---|---|
Folgende Häuser standen an der Nordseite des Dorfes. Diese Häuser wurden nach 1830 (Eisstoßkatastrophe) südlich der Südseite wieder aufgebaut, jedoch nicht in dieser Reihenfolge: | ||
1 | Josef Blatt | Ganzlehner |
2 | Elisabeth Pum | Witwe Weber und Krämerin |
3 | Johann Krump | Schuhmacher |
4 | Franz Kern | Ganzlehner |
5 | Stephan Raidl | Ganzlehner |
6 | Anna Maria Raidl | Witwe Ganzlehner |
7 | Franz Fortunati | Ganzlehner |
8 | Mathias Zuditsch | Ganzlehner |
9 | Joseph Röhrer | Ganzlehner |
10 | Franz Simonitsch | Ganzlehner |
11 | Mathias List | Ganzlehner |
12 | Leopold Hahn | Ganzlehner |
13 | Martin Adelsberger (bewohnt von Fam. Johann Dienst) | Viertellehner |
14 | zu Nr. 6 | |
15 | Anton Reiter | Ganzlehner |
16 | Sebastian Gindel | Halblehner |
17 | Anton Zehentbauer | Ganzlehner |
18 | Georg Reiter | Ganzlehner |
19 | Jakob Richter | Ganzlehner |
20 | Michael Raidl | Ganzlehner |
21 | Mathias Raidl | Ganzlehner |
22 | Anton Jobst | Doppellehner |
23 | Adam Kainz | Weber und Kleinhäusler |
24 | Lorenz Neumaier | Ganzlehner |
25 | Michael Sommer | Halblehner |
26 | Joseph Blatt | |
27 | Michael Zehentbauer | Ganzlehner |
28 | Joseph Bayer | Ganzlehner |
29 | Michael Unger | Ganzlehner |
30 | Martin Zehentbauer | Ganzlehner |
Haus am östl. Rand des Angers/Gärten: | ||
31 | Anton Müllner | Kleinhäusler |
Folgende Häuser standen an der Südseite des Dorfes. Diese Häuser wurden nach 1830 am jeweiligen hinteren Grundstücksende wieder aufgebaut – ausgenommen Haus Nr. 46. An dessen Stelle steht jetzt Haus Nr. 25.: | ||
32 | Mathias Mayer | Ganzlehner |
33 | Johann Schlachthammer | Ganzlehner |
34 | Leopold Adelsberger | Ganzlehner |
35 | Georg Öhler | Ganzlehner |
36 | Mathias Widinger | Ganzlehner |
37 | Klara Kolbinger | Viertellehner |
38 | Franz Massinger | Ganzlehner |
39 | Pfarrhof | Pfarrer |
40 | Leopold Radl | Ganzlehner |
41 | Michl Eisenkopf | Viertellehner |
42 | Leopold Widinger | Ganzlehner |
43 | Johann Schlesinger | Ganzlehner |
44 | Joseph Unger | Ganzlehner |
45 | Joseph Blatt | |
46 | Gemeindehaus | |
47 | Mathias Ankowitsch | Ganzlehner |
Die folgenden Häuser standen am Anger bzw. in den Gärten in der Mitte des Dorfes. Wichtige Häuser als Gruppe in der Mitte des Dorfes waren das Gasthaus (49), die Schule (60) und die Kirche. Etwas von diese Gruppe entfernt war der Schmied (51). | ||
48 | Michael Berger | Kleinhäusler |
49 | Franz Müllner | Wirt (Gasthaus als einziges 1-stöckiges Haus) |
50 | zu Nr. 18 (vis-à-vis im Garten) | |
51 | Johann Peschka | Schmied |
52 | zu Nr. 10 (vis-à-vis im Garten) | |
56 | Katharina Lanzl | |
57 | Anna Maria Grim | |
60 | Johann Hartl | Lehrer (Schule) |
61 | Franz Berger | Kleinhäusler |
Am westlichen Ortsende eine kleine Siedlung (etwa im Bereich der heutigen „Waldgasse“ | ||
53 | Martin Räther | Kleinhäusler |
54 | Georg Windisch | Kleinhäusler |
55 | Mathias Riegler | Kleinhäusler |
58 | Andreas Zotz | Kleinhäusler |
59 | Lorenz Schneck | Kleinhäusler |
Etwas außerhalb des Orts am Weg nach Glinzendorf in der Nähe des heutigen „Hoadl“ (= Feuchtbiotop) stand folgendes Haus | ||
62 | Gemeindehaus |
Das folgende Bild hängt im museumORTH_____, das sich u.a. auch dem Thema der Donauhochwässer widmet.
Mit großer Wahrscheinlichkeit stand der Maler dieses Bildes im Norden von Kimmerleinsdorf und schaute nach Süden. Genau hinter der Kirche muss sich die Schule und das Gasthaus befunden haben.
Ich habe in einer Fotomontage das heutige Franzensdorf dazugestellt, um darzustellen, wo die abgebildeten Gebäude einst standen: